Ladungssicherung von Vliesrollen sowie rechtliche Situation gegenüber dem Verkauf
Wie verhalte ich mich richtig bei Ladung dieser Art ?
Original Fragestellung eines Users/Nutzers des Lasiportal
ich habe eine wichtige Frage zum Thema Ladungssicherung und Arbeitssicherheit und weiß nicht wie ich mich richtig verhalte bzw. wo ich explizit die Antwort auf meine Frage in den VDI2700 ff Richtlinien finde?
Das sind Vliesrollen mit einer Länge von 2 m die wir palettieren und 3 Paletten übereinander laden sollen. (normalerweise werden die Rollen liegend ohne Palette verladen).
Das ist die Anforderung des Kunden und unseres Verkauf´s.
Wir, das Verladeteam sind der Ansicht, dass wir aus Gründen der Ladungssicherung und Arbeitssicherheit nur zwei Paletten übereinander stapeln können.
Nun bin ich vom Verkauf aufgefordert, die Gesetzgebung quasi zu zitieren… und nun meine o.g. Frage:
Wie verhalte ich mich richtig und wo kann ich ggf. diesen Punkt über Verladungen palettierte Rollenware finden?
Vielen Dank im Voraus und in freundlicher Erwartung einer Antwort verbleibe ich,
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Das Lasiportal-Team dankt folgenden aktiven Beratern für die
Beantwortung der Fragestellung:
- Andreas Verwiebe [1347] Fahrschule Verwiebe
- Olaf Horwarth [1242] SBS-SchulungBeratungService
- Emil Hahner [1297] Polizeibeamter i.R.
- Ute Bode [1037] Lasiconsulting
- Kommentar des Lasiportal-Teams zu den Beiträgen
Eine Garantie auf Richtigkeit und Vollständigkeit der Antworten wird nicht übernommen. Hinweise, Bemerkungen, Kritik sind natürlich erwünscht!
Nachfolgend können Sie die Antworten unserer „Berater im Lasiportal“ nachlesen:
1. Berater Andreas Verwiebe
- DIN 30781 Ladeeinheiten
- VDI 2700
- VDI 3968 Blatt1 Sicherung von Ladeeinheiten
- VDI 3968 Blatt2 Auswahl des richtigen Ladungsträgers
- VDI 3968 Blatt3 Umreifung
In Ihrem Fall handelt es sich um eine Ladeeinheit, bei der oft Europaletten als Ladungsträger benutzt werden. Dabei sollte aber beachtet werden, dass das Ladegut die Palettenabmessungen nicht überschreitet.
Grundsätzlich sollte der Ladungsträger dieselben Abmessungen haben wie das Ladegut.
Bei überstehenden Gütern ist beim Transport immer mit Transportschäden zu rechnen.
Gut und Ladungsträger sollen wie eine kompakte Einheit (ein Stück) gesehen werden.
Die Kräfte die während des Transport auftreten können, sollten von Ladungsträger zu Ladungsträger übertragen werden und nicht über die Ladung.
Zur Stapelhöhe:
- Die Stapelfähigkeit ist nicht nur von der Stabilität der Ladeeinheit (statische Stapellast) sondern auch von der dynamischen Belastung während des Transportes abhängig.
- Mein Vorschlag wäre, sprechen Sie diese Problematik noch einmal mit Ihrem Verkauf und Ihrem Kunden an. So wie Sie die Rollen bisher transportiert haben, erscheint es mir als sinnvollste und sicherste Art.
Andreas Verwiebe können Sie als Berater im Lasiportal unter folgendem Link aufrufen: >> Berater im Lasiportal
2. Berater Olaf Horwarth
Beantwortung der Fragestellung:
die Frage nach der korrekten Verladung bzw. Ladungssicherung lässt sich so pauschal, insbesondere mit derart wenigen Detailangaben nicht beantworten. Für die Beantwortung Ihrer Frage wären weitere Angaben zur Ladung selbst, wie das Gewicht, die Art der Ladeeinheitenbildung sowie zum eingesetzten Fahrzeug unabdingbar. Ebenso wichtig ist die Auswahl der eingesetzten Lasi-Methode.
Da uns diese Angaben nicht vorliegen, lässt sich eine Stellungnahme zu Ihrer Anfrage nur in allgemein gültiger Form abgeben:
Ob und wie hoch die Paletten gestapelt werden können, hängt zum einen schon von der Ware selbst ab. Diese scheint aber, wie Ihren Ausführungen zu entnehmen ist, grundsätzlich stapelbar zu sein. Die Stapelbarkeit sagt aber dennoch nichts über eine etwaige Gefährdung der Arbeitssicherheit aus, die von einem instabilen Stapel ausgehen kann. Hierbei spielt dann auch wieder die Ladeeinheit eine wichtige Rolle. Auf den Bildern scheinen wir Kunststoffbänder zu erkennen. Hier stellt sich die Frage, inwieweit diese Bänderung geeignet ist, sicherzustellen, dass bei einer Stapelung ein Wegdrücken / Wegrollen der unteren Vliesrollen verhindert wird. Dies würde dann in Punkto Arbeitssicherheit zu einer Gefährdung führen, weil die obere(n) Lage(n) kippen und infolge dessen sogar der ganze Stapel umstürzen könnte.
Die Art der Ladeeinheit ist aber auch für die Auswahl der Ladungssicherungsmethode von entscheidender Bedeutung. Denn je nach Art der Lasi muss sichergestellt sein, dass sich die Ladung nicht vom Ladungsträger lösen kann, wenn fahrdynamische Kräfte auf die Ladung einwirken.
Eine kraftschlüssige Sicherungsmethode scheint hier wenig sinnvoll zu sein, da die Vliesrollen bei den notwendigen Vorspannkräften vermutlich nachgeben und die Vorspannkraft dadurch verloren geht. Da uns aber das Gewicht nicht bekannt ist, ist hier keine abschließende Bewertung zum Niederzurren möglich. Insbesondere wäre gerade bei dieser Art der Lasi der Reibwert von entscheidender Bedeutung. Eine Stapelung würde dann z.B. beim Einsatz von RHM („Antirutschmatten“) erfordern, dass auch zwischen den Lagen RHM untergelegt wird. Allerdings besteht dann natürlich aufgrund der Folierung die Gefahr, dass die obere Lage durch das untergelegte RHM bei einer Bewegung (z.B. Vollbremsung) ggf. die Folie der unteren Rollen sozusagen mitreißt und das RHM dadurch seine Wirkung verfehlt. Bei einer Verladung ohne Paletten, also nur einzelne Rollen, scheidet eine kraftschlüssige Sicherungsmethode ganz aus, weil die vertikale Krafteinwirkung ein Auseinanderdrücken des „Stapels“ bewirken würde.
Eine formschlüssige Lasi wäre hier augenscheinlich sicherlich die beste Methode. Dabei ist jedoch wieder zu beachten, inwiefern der Fahrzeugaufbau diese Kräfte auch aufnehmen kann. Hierzu können wir aufgrund der fehlenden Gewichtsangabe keine Aussage treffen. Auch die Auswahl des Fahrzeugaufbaus ist dabei wichtig. Die Frage zur Anzahl der Stapelung ist abgesehen von der eingangs erwähnten Problematik zur Arbeitssicherheit bei der formschlüssigen Verladung auch maßgeblich vom Fahrzeugaufbau abhängig. Zwar gibt es bei Planenfahrzeugen auch sogenannte Code XL- Ausführungen (DIN EN 12642), jedoch gehen derartige Aufbauprüfungen in der Regel von einer gleichmäßigen Flächenlast der Stirn-, Heck-, und Seitenwände aus. Je nach Stapelhöhe können einzelne Lagen oder je nach Qualität der Ladeeinheitenbildung sogar einzelne Rollen die Laderaumbegrenzungen punktuell belasten. Dies kann dann auch schnell zur Überlastung der seitlichen Einstecklatten führen.
Bei Kofferaufbauten mit XL- Codierung besteht diese Gefahr nicht. Daher wäre ein solcher Aufbau wohl die beste Wahl. Beachtet werden muss aber immer, dass auch wirklich ein Formschluss besteht – da wir keine Angaben zu den Abmessungen der Ladeeinheiten bzw. zur Rollenbreite haben, ist auch hier nur der Hinweis darauf möglich. Ist der Aufbau imstande die entsprechenden Kräfte aufzunehmen (Code XL) und wird dabei auch der Lastverteilungsplan eingehalten, könnte aus unserer Sicht quasi bis an die Decke gestapelt werden. Dies unter der Voraussetzung, dass die anfangs erwähnte Stabilität des Stapels gewährleistet ist und ein Umkippen, z.B. durch das erläuterte Wegdrücken / Wegrollen einzelner Vliesrollen, nicht möglich ist. Auch eine Verladung ohne Paletten wäre in einem solchen Aufbau möglich. Aufgrund der Arbeitssicherheit aber sinnvollerweise nur in der Form, dass die Rollen in Längsrichtung verladen werden – quasi längs zur Fahrtrichtung.
Sie sehen also, dass es wesentlich mehr Informationen bedarf, um eine Ladungssicherung wirklich bewerten zu können. Sinnvoll in Ihrem Fall wäre eine Begutachtung und Bewertung vor Ort, wo auch alle notwendigen Angaben vorliegen. Wir hoffen dennoch, Ihnen mit unseren Ausführungen einige Denkanstöße für Ihre tägliche Praxis und ggf. auch für die Argumentation innerhalb Ihres Unternehmens geliefert zu haben.
Olaf Horwarth können Sie als Berater im Lasiportal unter folgendem Link aufrufen: >> Berater im Lasiportal
3. Berater Emil Hahner
Beantwortung der Fragestellung:
Im vorliegenden Fall scheinen verschiedene Interessen miteinander zu kollidieren, nämlich Transportkosten gegen Ladungssicherung. Keinesfalls sollten Überlegungen von Kosteneinsparungen und Gewinnerzielung Vorrang vor Verkehrssicherheit eingeräumt werden.
Grundsätzlich orientiert sich die Ladungssicherung an den Vorschriften des
- §22 Ladung StVO
(1) Die Ladung einschließlich Geräte zur Ladungssicherung sowie Ladeeinrichtungen sind so zu verstauen und zu sichern, dass sie selbst bei Vollbremsung oder plötzlicher Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin- und herrollen, herabfallen oder vermeidbaren Lärm erzeugen können. Dabei sind die anerkannten Regeln der Technik zu beachten (Vornehmlich ist hier die VDI 2700 mit Blatt 1 – 16 zu nennen).
u n d
- § 31 StVZO
Der Halter darf die Inbetriebnahme nicht anordnen oder zulassen, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein muss, dass die Ladung nicht vorschriftsmäßig ist oder dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung leidet.
Der Rollentransport in dieser Form – selbst in 2-lagiger Ausführung – weist Ladungssicherungsmängel auf. Die Zwischenräum sowie die obere Palette gewähren keinen Formschluss, und Sicherungsmittel zum Kraftschluss sind nicht sichtbar. Es besteht die Gefahr, dass die Ladung bei Vollbremsung oder Ausweichbewegung in Bewegung gerät und auf die Fahrdynamik des Transportfahrzeuges erheblich Einfluss nimmt.
Soweit diese Transporte wiederkehrend vorgenommen werden, sollte vor Ort eine Verladeempfehlung erarbeitet werden.
Hierzu:
Welchen Status besitzen diese Verladeempfehlungen? Sie sind generell nicht verpflichtend anzuwenden. Sie wurden entwickelt nach dem Stand der Technik unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben. Sie zeigen Möglichkeiten einer ausreichenden Ladungssicherung. Wer sie beachtet, ist auf der sicheren Seite!
Zunächst ist die Beschaffenheit des Transportfahrzeuges (Geeignetheit) zu prüfen und gleichzeitig sollte eine andere Form der Verladung geprüft werden. Mit der Bildung von Ladeeinheiten könnte sogar auf 3 Lagen erhöht werden, wobei in jedem Fall Formschluss, Kraftschluss, die Lastverteilung und das zulässige Gesamtgewicht zu beachten sind.
Emil Hahner können Sie als Berater im Lasiportal unter folgendem Link aufrufen: >> Berater im Lasiportal
4. Berater Ute Bode
Beantwortung der Fragestellung:
Zu Ihrer Frage wo Sie die gesetzlichen Vorschriften zu palettierter Rollenware finden, muss vorab gesagt werden, dass es zwar für eine ganze Reihe von Ladegütern spezielle VDI Vorschriften gibt. Diese finden Sie in den diversen Blättern der VDI 2700.
Für palettierte Rollenware ist mir keine bekannt. In diesem Fall muss auf allgemeine Vorschriften zurückgegriffen werden, Grundwerk der VDI 2700 und diverse gesetzliche Bestimmungen.
- Die StVO § 22 Absatz (1) besagt,
„ Die Ladung einschließlich Geräte zur Ladungssicherung sowie Ladeeinrichtungen sind so zu verstauen und zu sichern, dass sie selbst bei Vollbremsung oder plötzlicher Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin- und herrollen, herabfallen oder vermeidbaren Lärm erzeugen können. Dabei sind die anerkannten Regeln der Technik zu beachten.“
Dies muss bei jeder Verladung beachtet werden.
- Die anerkannten Regeln der Technik sind die VDI 2700, DIN und EN Vorschriften.
Grundvoraussetzung für eine ordnungsgemäße Ladungssicherung ist, dass man eine stabile Ladeeinheit hat, die man verlädt. Ladung und Ladeeinheit müssen beförderungssicher sein. Das bedeutet, dass die Ladung allen Belastungen aus Umschlag, Verladung, Transport und Ladungssicherung stand hält.
Vorschriften zur Ladeeinheitenbildung findet man in der VDI 3968.
Ob die Ladeeinheit stabil ist kann man mittels einer Neigungsprüfung, beschrieben in der DIN EN 12195-1:2010, feststellen. Ist dies der Fall, so kann man einen dynamischen Fahrversuch nach Anweisungen nach EN 12642:2006, B.4 und B.5 durchführen.
Wenn man sich die Fotos mit den Vliesrollen ansieht, so kann man Zweifel haben, dass die Vliesrollen auf den Paletten eine stabile Ladeeinheit bilden. Hinzu kommt, dass die Rollen über die Paletten hinausragen und somit Zwischenräume entstehen.
Man muss bedenken, dass während des Transportes auch Vertikalschwingungen auftreten. Leider sind keine Gewichte bekannt und nur nach Bildern zu urteilen ist nicht sinnvoll.
Da Vliesrollen weich sind scheint ein Niederzurren nicht sinnvoll zu sein.
Solch eine Ladung sollte immer formschlüssig geladen werden. Da auf den Fotos die Rollen über die Paletten ragen, entstehen Ladelücken. Diese sollten, um Formschluss zu erreichen, ausgefüllt werden.
Wenn denn die Paletten mit den Rollen auch noch gestapelt werden macht es einen sehr instabilen Eindruck.
Da erscheint es viel sinnvoller die Vliesrollen wie bisher ohne Paletten formschlüssig auf einem geeigneten Fahrzeug, z.B. Kofferaufbau nach Code XL, zu laden.
Meines Erachtens kann der Verkauf zwar die Kundenwünsche an das Verladepersonal weiterleiten, aber die Entscheidung was machbar ist sollte der verantwortliche Leiter der Ladearbeiten entscheiden.
Ute Bode können Sie als Berater im Lasiportal unter folgendem Link
aufrufen: >> Berater im Lasiportal
5. Zusammenfassende Stellungnahme des Lasiportal-Teams
Lasiportal-Team zu den Beiträgen:
Oft stellen individuelle Ladegüter in Form, Größe und/oder Gewicht an den Verlader und den Fahrer besondere Anforderungen. Da sind neben den umfangreichen Vorschriften und technischen Richtlinien (StVO, StVZO, VDI, DIN-EN, ADR) Gesetze der Physik, Einfallsreichtum, gute Ideen und Logik gefordert. Insbesondere darf der Gedanke des verkehrssicheren Transportes nicht zu kurz kommen.
Vor diesem Hintergrund betrachtet Lasiportal den zugrundeliegenden Transport von Vliesrollen bzw. deren Sicherung auf der Ladefläche des Fahrzeuges. Mit der aktiven Beteiligung von 4 Beratern, denen wir an dieser Stelle nochmals herzlich danken, haben sich einige wesentliche und wichtige Grundsätze herausgebildet:
Zum vorliegenden Fall:
- EURO-Palette und Vliesrollen bilden eine Ladeeinheit. Bedenklich hierbei ist, dass das Ladegut über den Ladungsträger (Palette) erheblich hinausragt, so dass hier keinerlei Formschluss mehr gegeben ist. Auch die Stabilität der gesamten Ladeeinheit muss hier infrage gestellt werden.
- Die Ladeeinheit/Ladung muss stabil und beförderungssicher auf dem Transportfahrzeug verladen sein. Sie muss allen Belastungen aus Umschlag, Verladung, Transport und Ladungssicherung standhalten.
- Bedenken bestehen auch in Hinblick auf einen `arbeitssicheren` Umgang mit den Ladeeinheiten. Das vermehrte Stapeln nach oben birgt Gefahren. Keinesfalls sollte nach dem Motto „Es ist immer gut gegangen“ gehandelt werden.
Was schlagen die Berater vor:
- stabile und beförderungssichere Ladeeinheiten bilden – ohne den nicht formschlüssigen `Untersatz` der EURO- Palette;
- Formschluss nach vorn und zur Seite herstellen;
- zertifiziertes Fahrzeug einsetzen – Kofferaufbau mit XL – Codierung
- Gewichte und Lastverteilung bedenken, ggfs. Zwischenräume formschlüssig ausfüllen;
- Verladeanweisung/empfehlung vor Ort erstellen und dokumentieren. Damit haben die Verantwortlichen (Transporteur, Verlader, Fahrer) alle Möglichkeiten ausgeschöpft, das Ladegut sicher zu transportieren. Das wird sich auch bei jeglicher Kontrolle der Ladungssicherung positiv auswirken.
Lasiportal steht für Verkehrssicherheit nach dem Grundsatz: Prävention hat Vorrang vor Repression.