Landwirtschaftliche Tiertransporte eine logistische Herausforderung
Der Transport der eigenen Nutztiere stellt Landwirte oft nicht nur vor logistische Herausforderungen
Häufig bestehen auch gewisse Unsicherheiten hinsichtlich der einzuhaltenden tierschutzrechtlichen Transportvorschriften. Zudem können in diesem Zusammenhang weitere Rechtsgebiete tangiert sein, die den meisten Landwirten nachvollziehbarerweise völlig unbekannt sind. Hier sind beispielsweise die sogenannten „Sozialvorschriften im Straßenverkehr“ zu nennen, und auch das relativ neu eingeführte Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz, kann bei landwirtschaftlichen Tiertransporten greifen.
Die beiden Veranstaltungen der Zucht- und Besamungsunion Hessen e.G. „Hessens Zukunft“ am 06. Februar und die „Zuchtviehauktion“ am 10. Februar 2016, die in der Hessenhalle in Alsfeld stattfanden, wurden u.a. durch Polizisten der Direktion Verkehrssicherheit / Sonderdienste des Polizeipräsidiums Osthessen besucht. Ziel der Beamten war zunächst, sich einen Überblick über die teilnehmenden Landwirtschaftsunternehmen und deren verwendete Transportfahrzeuge zu verschaffen.
Um auszuschließen, dass es sich bei den im Februar gewonnenen Erkenntnissen um eine Momentaufnahme handelte, wurde auch die darauffolgende Zuchtviehauktion am Mittwoch, dem 09. März 2016, in der Hessenhalle Alsfeld besucht.
Die beiden ersten Auktionen wurden zum Anlass genommen, die Teilnehmer über bestehende Vorschriften und deren mögliche Rechtsfolgen zu informieren.
In Absprache mit den verschiedenen Verfolgungsbehörden stand bereits im Vorfeld fest, dass die Beratung und Sensibilisierung der Landwirte durch die Verkehrspolizisten im Vordergrund stehen sollte. Die Anwesenheit der Polizei war dem Veranstalter bereits im Vorfeld angekündigt und die Art des Tätigwerdens abgesprochen worden.
Es wurden am Rande der beiden Auktionen einige interessante Gespräche zwischen den Polizeibeamten und den teilnehmenden Landwirten geführt.
Bei allen drei Veranstaltungen wurden jeweils mehrere Verstöße gegen die nachfolgend erläuterten Rechtsgebiete festgestellt. Von einer Sanktionierung konnte in diesen Fällen jedoch ausnahmsweise abgesehen werden.
1. Thema Sozialvorschriften im Straßenverkehr
Von Interesse für die Polizisten war zunächst die Art der jeweils verwendeten Transportfahrzeuge und deren Zulassungsbezirk, bzw. die Anschrift der Tierhalter. Diese Angaben werden benötigt, um überprüfen zu können, ob die jeweiligen Transportfahrzeuge mit einem „EG-Kontrollgerät“, landläufig „Fahrtenschreiber“ genannt, auszurüsten sind. Zwar sind landwirtschaftliche Tiertransporte an sich von den Sozialvorschriften ausgenommen, liegt der Betriebshof jedoch mehr als 100 km Luftlinie (nicht Fahrtstrecke!) von dem geplanten Fahrtziel entfernt, wird der Unternehmer, hier der Landwirt, nach der „Fahrpersonalverordnung“ grundsätzlich „aufzeichnungspflichtig“. Dies gilt nicht nur für schwere Transportfahrzeuge, sondern unter Umständen schon für Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen ab 2,8 t zulässiger Gesamtmasse. Dieser Wert kann bereits bei einem PKW mit Viehanhänger schnell erreicht sein. Es zählt hier nämlich ausdrücklich nicht das tatsächliche Gewicht, sondern die Summe der in den Fahrzeugpapieren aufgeführten „Gesamtgewichte“. Während bei Gewichten zwischen 2,8 t bis 3,5 t das handschriftliche Führen sogenannter „Tageskontrollblätter“ ausreicht, ist bei über 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht der Einbau der vorgenannten EG-Kontrollgeräte verbindlich vorgeschrieben. Diese zeichnen u.a. die Fahr- und Pausenzeiten sowie die gefahrene Geschwindigkeit auf.
Fahrzeuggespanne, für die diese Regelung bedeutsam sein kann, sind beispielsweise größere Geländewagen, SUVs, Pickups, Kasten- oder Pritschenwagen mit jeweils etwas größeren Viehanhängern. Leider ist es bei verschiedenen Herstellern von Zugfahrzeugen der vorgenannten Arten technisch überhaupt nicht möglich, solche Kontrollgeräte einzubauen oder nachzurüsten. Selbst wenn eine Nachrüstung für das eigene Fahrzeug technisch möglich ist, wird diese stets mit hohen Kosten verbunden sein.
Teuer kann allerdings auch eine mögliche Kontrolle von derartigen Fahrzeugkombinationen werden, wenn die BAG (Bundesanstalt für Güterverkehr) oder die Polizei feststellt, dass sie sich außerhalb des 100-km-Radius´ um den Heimatbetrieb bewegen. In Hessen wird ein derartiger „fahrlässiger Erstverstoß“ nach Auskunft der Zentralen Ahndungsstelle in Hadamar mit 750,- € Bußgeld sanktioniert. Bei jedem weiteren Antreffen wird Vorsatz unterstellt und das Bußgeld verdoppelt.
Ausgenommen von diesen Regelungen sind hingegen Transportfahrzeuge oder Fahrzeugkombinaten „mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 40 km/h“, beispielsweise bestimmte Traktoren mit Viehanhängern, die sich auch nicht an den 100-km-Radius halten müssen. Hierbei spielt auch die zulässige Gesamtmasse keine Rolle.
Der 100-km-Radius kann in diesem Zusammenhang aber auch für rein gewerbliche Tiertransporte Bedeutung haben, die bereits ein Kontrollgerät in ihren Fahrzeugen eingebaut haben. Dieses braucht nämlich innerhalb des 100-km-Bereichs zunächst auch nicht betrieben zu werden. Solche Fahrzeuge sind zum Beispiel Tiertransport-LKW, Last- oder Sattelzüge ab 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht. Liegt das Fahrtziel solcher Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen jedoch außerhalb der 100 km, muss das Kontrollgerät von Fahrtbeginn an betrieben werden. Die häufige Praxis, dass die Fahrerkarte bei einem digitalen Gerät oder die Diagrammscheibe bei einer analogen Anlage, erst außerhalb des 100-km-Radius´eingelegt wird, ist unzulässig! Hier fallen die Bußgelder allerdings etwas geringer aus, der Verstoß zieht als Regelbußen 150,- € für den Fahrer und 300,- € für den Halter bei Erstverstößen nach sich.
Wie sich herausstellte, waren bei allen besuchten Viehauktionen auf dem Betriebsgelände der Hessenhallen in Alsfeld mehrere Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen abgestellt, die weiter angereist waren und den 100-km-Radius rund um Alsfeld teils deutlich überschritten hatten. Es waren Landwirte aus den Nachbarbundesländern Bayern, Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland Pfalz und Niedersachsen festzustellen gewesen.
Für Hessen selbst stellt sich aufgrund der zentralen Lage Alsfelds die 100-km-Problematik nur für den südlichen Bereich. Etwa ab einer Linie in Höhe von Darmstadt sind die 100 km Luftlinie erreicht, bzw. überschritten. So wurden beispielsweise auch Fahrzeugkombinationen aus dem Odenwald beobachtet, für die die genannten Bußgeldvorschriften volle Anwendung gefunden hätten. Verfolgungsbehörde für diese Verstöße ist die „Zentrale Ahndungsstelle für Sozialvorschriften im Straßenverkehr“ beim Regierungspräsidium Gießen in Hadamar.
Das Bestreben der Polizeibeamten, in den hier vorliegenden Fällen lediglich informativ und vorbeugend tätig zu werden, wurde durch die Ahndungsstelle mitgetragen und ausdrücklich begrüßt. Die teilnehmenden Landwirte müssen diesmal also mit keinen Sanktionierungen rechnen.
Im Internet sind zahlreiche kostenfreie Entfernungsrechner verfügbar. Beispielsweise unter www.entfernung.org sind direkte Entfernungsangaben zwischen zwei Ortschaften abrufbar.
Werden die 100 km Luftlinie überschritten, greifen zudem sämtliche fahrpersonalrechtlichen Vorschriften analog zum gewerblichen Güterverkehr. Die Pausen-, Lenk- und Ruhezeiten, sowie Arbeits- und Schichtzeiten sind einzuhalten. Auf nähere Erläuterungen hierzu, wird wegen der umfangreichen Einzelvorschriften in diesem Zusammenhang verzichtet.
2. Thema Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz (BKrFQG)
Wer in der Bundesrepublik Deutschland gewerblich Güter mit Fahrzeugen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t befördert, benötigt seit 2009 eine bestimmte Ausbildung nach dem Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz. Diese gliedert sich in eine Art Grundqualifikation und in Weiterbildungsmaßnahmen, die zusätzlich innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren von den Fahrern zu absolvieren sind und sich mit verschiedenen Thematiken aus der Güterbeförderung befassen. Auch der Transport lebender Tiere stellt rechtlich eine Güterbeförderung dar.
Wie auch bei den zuvor beschriebenen Sozialvorschriften, gelten die Regelungen des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes dann nicht für Landwirte, wenn sie die Beförderungen mit bestimmten landwirtschaftlichen Zugmaschinen (Traktoren) durchführen. Anders als im Fahrpersonalrecht, gibt es hierbei aber keine Beschränkung auf 40 km/h, sondern auf 45 km/h Höchstgeschwindigkeit (Ausnahme gemäß § 1 Abs.2 Nr.1 BKrFQG).
Auch sind landwirtschaftliche Tiertransporte grundsätzlich dann komplett von den Vorschriften des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes befreit, wenn ausschließlich eigene Tiere befördert werden und „die Hauptbeschäftigung des Fahrers in Pflege, Zucht, Aufzucht oder Beritt der beförderten Tiere besteht“ (Ausnahme gemäß § 1 Abs.2 Nr.5 BKrFQG).
Werden hingegen fremde Tiere transportiert, oder auch nur eines zusätzlich mitgenommen, kann eine sogenannte „Gewinnerzielungsabsicht“ hinsichtlich dieses Transportes unterstellt werden. In diesem Fall müsste durch den Fahrer die vorab beschriebene Qualifikation nach dem BKrFQG nachgewiesen werden. Dies gilt für Tiertransportfahrzeuge oder deren Anhänger über 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht. Im Gegensatz zum Fahrpersonalrecht werden hiervon nicht bereits die Fahrzeugkombinationen von zusammen über 3,5 t erfasst, sondern jeweils Einzelfahrzeuge oder Anhänger über 3,5 t zulässiger Gesamtmasse.
Berufskraftfahrer, die beispielsweise in einer Züchtergenossenschaft als solche angestellt sind und deren Haupttätigkeit die Beförderung der Tiere darstellt, unterliegen voll der Qualifikationspflicht. Dies gilt auch für die Beförderung von Schlachtvieh.
Fahrerverstöße gegen die Vorschriften des BKrFQG sehen bei Erstbegehung eine Regelbuße von 250,- € vor.
Die Regelbuße für den Erstverstoß des Halters liegt bei 500,- €.
Verfolgungsbehörde ist hierbei für eigene Kontrollen die BAG, bei Feststellungen der Kommunen oder der Polizei ist die „Zentrale Bußgeldstelle Hessen“ beim RP Kassel Ahndungsbehörde.
Bei Veranstaltungen wie den Zuchtviehauktionen in der Alsfelder Hessenhalle, werden die Vorschriften des BKrFQG für die Landwirte selbst in der Regel eher eine untergeordnete Bedeutung haben.
3. Thema Straßenverkehrs- und Zulassungsrechtliche Vorschriften
Gerade im Bereich der bäuerlichen Tiertransporte sind oftmals technische Mängel insbesondere bei den Viehanhängern festzustellen. Neben häufigen Mängeln an der Beleuchtung, sind oftmals auch tragende Teile des Aufbaus, vorhandene Auflaufbremsen, Kupplungen oder die Bereifung mangelhaft. Auch sind die HU-Termine nicht selten erheblich überschritten.
Die Dimensionen von Zugfahrzeugen und Anhängern passen in vielen Fällen nicht zueinander. Gerade bei der Verwendung normaler PKW als Zugfahrzeuge, sind die verwendeten Anhänger oft zu groß. Hier sind besonders in beladenem Zustand häufig die zulässigen Achslasten, die Gesamtmasse, die Anhängelast des Zugfahrzeuges und die zul. Stützlast teils deutlich überschritten.
Mitgeführte Zuladungen werden zum Teil völlig ungesichert befördert. Neben einem Verstoß gegen die Ladungssicherungsvorschriften der StVO, kommt hier ein Verstoß gegen die Tiertransportvorschriften in Betracht, nämlich dann, wenn den beförderten Tieren durch die ungesicherte Zuladung Verletzungen drohen.
Werden Kleintiere, beispielsweise Geflügel, in Transportbehältnissen wie Kisten oder Käfigen befördert, müssen auch diese Behältnisse entsprechend gesichert werden. Sie dürfen nicht verrutschen, umfallen, verrollen oder sich in anderer Weise auf der Ladefläche bewegen können. Drohen den Tieren in den Transportbehältnissen durch deren mangelhafte Sicherung Verletzungsgefahren, oder sind bereits Verletzungen eingetreten, erfolgt die Bebußung des Verstoßes ebenfalls nach den Tiertransport- bzw. Tierschutzvorschriften.Thema
4. Tierschutztransportvorschriften und seuchenrechtliche Bestimmungen
Für den gewerblichen Transport von Nutztieren sind in Deutschland u.a. die EU-Verordnung VO (EG) 1/2005, die nationale Tierschutztransportverordnung (TierSchTrV) und die Viehverkehrsverordnung (VVVO) maßgeblich. Auch hier wird den Landwirten eine Sonderstellung eingeräumt, die jedoch an verschiedene Bedingungen geknüpft wird.
Kontroll- Ahndungsbehörden für tierschutz- und tierseuchenrechtliche Verstöße sind die jeweils zuständigen Kreisveterinärämter. Die Polizei unterstützt diese im Rahmen der Amtshilfe bei Straßenkontrollen.
4.1 Landwirtschaftliche Tiertransporte bis 50 km Fahrtstrecke
Die EU-Transportverordnung gilt für den Transport von Tieren, der in Verbindung mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit durchgeführt wird. Landwirte gelten demnach als gewerbliche Beförderer, müssen jedoch, wenn sie eigene Tiere mit betriebseigenen Fahrzeugen bis zu einer Fahrtstrecke von 50 km ab dem Herkunftsbetrieb befördern, lediglich die allgemeinen Transportbedingungen gem. Artikel 3 der VO (EG) Nr. 1/2005 befolgen.
Diese allgemeinen Transportbedingungen sind:
- Die Transportdauer ist so kurz wie möglich zu halten
- Es erfolgt eine regelmäßige Kontrolle des Wohlbefindens der Tiere
- Die Transportfähigkeit der Tiere ist gegeben
(keine verletzten Tiere, keine Tiere mit körperlichen Schwächen oder krankhaften Zuständen, ggf. sind hier auch Sonderregelungen zu Mindestalter und Trächtigkeit zu beachten) - Sichere Transportmittel sowie Ver- und Entladevorrichtungen, die nicht zu Leiden oder Verletzungen bei den Tieren führen
- Qualifikation des Transportpersonals Sachkunde, keine Gewaltanwendung; kein Zufügen von Verletzungen oder Leiden, (bei landwirtschaftlichen Transporten bis 50 km wird nur eine Sachkunde gefordert, z.B. eine landwirtschaftliche Ausbildung, kein Nachweis erforderlich)
- ausreichende Bodenfläche und Standhöhe
Befördern Landwirte nicht nur eigene Tiere oder erfolgt die Beförderung über eine Entfernung von mehr als 50 km, gelten die Vorgaben der gesamten Tiertransportverordnung!
Hierbei sind sowohl detaillierte Vorgaben zum Tiertransport als auch entsprechende Zulassungen und Dokumente erforderlich:
4.2 Landwirtschaftliche Tiertransporte bis 65 km Fahrtstrecke
Landwirte, die Tiere vom Versand- bis zum Bestimmungsort über eine Strecke von bis zu 65 km befördern, benötigen hierfür keine Unternehmerzulassung und keinen Befähigungsnachweis.
Landwirte, die ihre bestandseigenen Tiere mit bestandseigenen Fahrzeugen über mehr als 50 km Fahrtstrecke befördern, müssen grundsätzlich ein „Transportkontrollbuch“ führen, das folgende Angaben beinhalten muss:
- a) Ort und Datum der Übernahme b) Uhrzeit des Verladebeginns c) Abfahrtszeit
- Name und Anschrift des bisherigen Tierhalters
- – bei Rindern Ohrmarkennummer; – bei Schweinen Stückzahl, ungefähres Alter, Kennzeichnung; – bei Schafen und Ziegen Stückzahl, Kennzeichnung
- Datum und Zeitpunkt der Übergabe
- Fahrtziel, Name und Anschrift des Übernehmers#
- ggf. Nr. der Gesundheitsbescheinigung
- voraussichtliche Dauer der geplanten Beförderung
- Kennzeichen der verwendeten Viehtransportfahrzeuge / -Anhänger
Für landwirtschaftliche Tiertransporte betriebseigener Tiere mit betriebseigenen Fahrzeugen zu einer Schlachtstätte muss kein Transportkontrollbuch geführt werden. Allerdings muss hier bei Transporten über 50 km ein sogenanntes Transportpapier geführt werden.
Hier müssen folgende Angaben gemacht werden:
- Herkunft und Eigentümer der Tiere
- Versandort
- Datum und Uhrzeit des Transportbeginns
- Bestimmungsort
- voraussichtliche Transportdauer
Transportpapiere, bzw. Transportkontrollbücher sind vor der Fahrt auszufüllen und während der Fahrt mitzuführen. Die genannten Kontrollbücher sind frei erwerblich. Ergänzend können „Erzeugererklärungen“, bzw. Lieferscheine für den gewerblichen Tiertransport erforderlich werden.
4.3 Landwirtschaftliche Tiertransporte über 65 km
Hierbei greifen auch für Landwirte die vollen Tiertransportvorschriften.
Der Tiertransporteur benötigt eine Unternehmerzulassung (Typ 1) des zuständigen Veterinäramts. Diese muss grundsätzlich alle 5 Jahre neu beantragt werden. Voraussetzung zur Erteilung dieser Zulassung ist ein gültiger Befähigungsnachweis für den Transport von lebenden Tieren.
Der Befähigungsnachweis kann für Landwirte und sonstige „sachkundige Personen“ durch einen Ergänzungslehrgang mit einer Prüfung bei deren zuständiger Veterinärbehörde erlangt werden. Auch verschiedene Organisationen bieten Schulungen zur Erlangung solcher Befähigungsnachweise an. Ein Befähigungsnachweis kann aber auch durch den Nachweis eines erfolgreichen, anerkannten Berufsabschlusses im Bereich Landwirtschaft (z.B. Studium, Ausbildung) ausgestellt werden, wenn dieser nach dem 5. Januar 2007 erlangt wurde. Nicht ausreichend für die Ausstellung eines Befähigungsnachweises sind die alten „Sachkundenachweise“.
Bei Tiertransporten, die der Reinigungs- und Desinfektionspflicht nach der Viehverkehrsverordnung unterliegen (unten näher ausgeführt), ist bei einer Fahrtstrecke von mehr als 65 km neben dem oben beschriebenen Transportkontrollbuch, ein sogenanntes „Desinfektionskontrollbuch“ zu führen. Da sich die geforderten Angaben dieser beiden Dokumente teilweise überschneiden, hat sich in der Praxis die Verwendung eines kombinierten „Transport- und Desinfektionskontrollbuchs“ durchgesetzt. Dieses enthält über die Angaben des Transportkontrollbuchs hinaus, die Pflichtfelder „Ort und Tag der Reinigung und Desinfektion des Fahrzeuges“ und „Handelsname des verwendeten Desinfektionsmittels“.
Darüber hinaus sind weitere besondere Anforderungen an den Transport von Tieren geknüpft.
Getrennter Umgang und Transport von:
- unterschiedlichen Tierarten
- Tieren mit beträchtlichem Größen- und Altersunterschied
- ausgewachsenen Ebern und Hengsten
- geschlechtsreifen männlichen und weiblichen Tieren
- rivalisierenden Tieren
- behornten und unbehornten Tieren
- angebundenen und nicht angebundenen Tieren
Hiervon können Ausnahmen gemacht werden, wenn die Tiere untereinander verträglich und aneinander gewöhnt sind, beispielsweise wenn sie aus einem Stall oder aus einer Mastgruppe stammen.
Wenn Tiere während des Transportes angebunden werden müssen, sollen die verwendeten Anbindemittel so beschaffen sein, dass
- sie während der Fahrt nicht reißen können
- sich die Tiere trotz Anbindung ggf. hinlegen, fressen oder trinken können
- sich die Tiere nicht strangulieren oder anderweitig verletzen können
- die Tiere erforderlichenfalls schnell befreit werden können
- nicht an Hörnern, Geweih, Nasenringen, Beinfesseln anbinden
Allgemein soll nach den Transportvorschriften die Beförderung lebender Tiere so kurz wie möglich gehalten und den Bedürfnissen der Tiere während der Fahrt Rechnung getragen werden.
Falls Tiere während des Transportes erkranken oder sich verletzen, sind sie von anderen Tieren abzusondern und müssen schnellstmöglich Hilfe erhalten. Unter Umständen müssen Behandlungen, Notschlachtung oder Tötung veranlasst werden.
4.4 Transportdauer:
Grundsätzlich darf eine Transportdauer von 8 Stunden nicht überschritten werden. Werden die Tiere länger als 8 Stunden befördert, müssen die Transportfahrzeuge weitergehenden Anforderungen entsprechen und eine weitere Zulassung von der Veterinärbehörde für „lange Transporte“ erhalten. Auch der Unternehmer benötigt dann eine erweiterte Zulassung (Typ 2) durch das Veterinäramt.
Wichtig zu wissen ist in diesem Zusammenhang zudem, dass die Beförderung in zeitlicher Hinsicht mit der Verladung des ersten Tieres auf das Viehtransportfahrzeug beginnt und erst mit dem vollständigen Abladen endet.
Bei nationalen Transporten von Zucht- und Nutztieren (nicht Schlachttieren) von bis zu 12 Stunden dürfen auch Fahrzeuge eingesetzt werden, die über keine Zulassung durch die Veterinärbehörde verfügen. Allerdings müssen diese Fahrzeuge über die generellen Anforderungen an Tiertransportmittel hinaus, über spezielle Belüftungs- und Tränkeinrichtungen verfügen.
Generell ist eine Überschreitung der zulässigen Transportdauer von bis zu zwei Stunden möglich, wenn unvorhersehbare Umstände, wie beispielsweise Verkehrsstaus oder Fahrzeugpannen dazu zwingen. Diese Umstände sind bei Kontrollen ggf. nachzuweisen.
Auf eine exakte Beschreibung der Anforderungen bei langen Transporten wird hier verzichtet, da die behandelten Problemstellungen und Vorschriften bereits jetzt sehr umfangreich sind und solche (langen) Beförderungen im Bereich der landwirtschaftlichen Tiertransporte sicher die Ausnahme darstellen.
4.5 Reinigung und Desinfektion der Transportfahrzeuge
Grundsatz:
„Viehtransportfahrzeuge sowie alle bei der Beförderung lebenden Viehs benutzten Behältnisse und Gerätschaften sind nach jedem Transport, spätestens jedoch nach Ablauf von 29 Stunden seit Beginn des Transportes zu reinigen und zu desinfizieren.
Ausnahme:
„Dies gilt nicht für nicht gewerblich genutzte, bestandseigene Viehtransportfahrzeuge, mit denen nur Vieh aus dem eigenen Bestand transportiert wird.“ (§ 17 Abs. 1, Viehverkehrsverordnung)
Im Gegensatz zu den Ausnahmen der Vorschriften der Fahrpersonalverordnung („eigene unternehmerische Tätigkeit“) ist hier der Passus „nicht gewerblich“ zunächst missverständlich. Die Relativierung erfolgt jedoch mit dem Begriff „bestandseigene Viehtransportfahrzeuge“.
Aber:
„Viehtransportfahrzeuge, mit denen Vieh zu Viehladestellen, Sammelstellen oder Schlachtstätten verbracht worden ist, müssen, bevor sie diese verlassen, gereinigt und desinfiziert werden. (…)“ (§ 17 Abs. 2, VVVO)
„Für die Reinigung und Desinfektion sind verantwortlich:
- bei Viehtransportfahrzeugen der Fahrer,
- bei Behältnissen und Gerätschaften der Benutzer, (…)“ (§ 17 Abs.4, VVVO)
Hier wird aufgrund der hohen Seuchengefahr davon abgesehen, Landwirte von der Reinigungs- und Desinfektionspflicht auszunehmen.
Fazit:
Führt man sich diese Vielzahl von Bestimmungen, Verordnungen, Gesetzen und demgegenüber die verschiedenen Ausnahmen für Landwirte vor Augen, erscheint es nicht verwunderlich, dass hierüber niemand so recht Bescheid weiß.
Weder die Landwirte, noch die einzelnen Kontrollbehörden, kennen nachvollziehbarerweise den vollen Umfang der beschriebenen Vorschriften. Diese Aufstellung der verschiedenen Bestimmungen soll deshalb kein Vorhalten von Fehlern, auch keine Androhung möglicher Rechtsfolgen sein, oder gar eine Rechtsberatung darstellen, sondern lediglich einen groben Überblick verschaffen.
Wenn dieser Bericht eine Sensibilisierung der am landwirtschaftlichen Tiertransport beteiligten Personen bewirken könnte, vielleicht sogar dazu dienen kann, sich vor Transportbeginn nochmals kurz einzulesen, dann wäre ein für alle Seiten wünschenswerter Effekt eingetreten.
Die Redaktion des LasiPortal-Team dankt dem Polizeioberkommissar Mario Döring vom Polizeipräsidium Osthessen, Direktion Verkehrssicherheit / Sonderdienste, Polizeiautobahnstation Bad Hersfeld für seine fachlichen Beiträge zu dieser Veröffentlichung im Lasiportal.de