Kraftschluss: kraftschlüssige Ladungssicherung im Transportwesen
Eine der größten Gefahren beim Transport von Ladegut auf der Ladefläche von Fahrzeugen (Lkw, Fahrzeugaufbau, Mulde, Pritsche, Container) ist das Verrutschen, Verrollen oder Herabfallen von Ladung, verursacht durch mangelhafte Ladungssicherung. Ladungssicherung ist Bestandteil des Arbeitsschutzes sowie der Betriebssicherheit und gewährleistet die Unversehrtheit von Ladung, Mitarbeitern und Umwelt beim Transport. Aus diesem Grunde sind per Gesetz (StVO Paragraf 22 „Ladung“) das Verladepersonal, der Fahrer und der Versender aufgefordert, bei der Beladung für einen sicheren Transport und eine ordnungsgemäße Ladungssicherung zu sorgen. Eine mangelhafte, fehlende oder nicht ausreichende kraftschlüssige oder formschlüssige Ladungssicherung im Fahrzeug wird von Ordnungskräften mit Geldbußen geahndet und kann Haftstrafen zur Folge haben. Die anerkannten Regeln der Ladungssicherung ergeben sich aus der Verbindung physikalischer Grundlagen (z. B. Beschleunigung, Fliehkräfte) und werden in Normen (DIN EN), VDI-Richtlinien (z. B. VDI 2700) und Informationsschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherer (DGUV) sowie der Berufsgenossenschaften beschrieben. Grundsätzlich wird bei der Ladungssicherung unterschieden zwischen kraftschlüssiger und formschlüssiger Sicherung
Ladungssicherung durch Kraftschluss: eine kurze Einführung
In vielen Ladungssituationen ist eine formschlüssige Ladungssicherung nicht mehr ausreichend, weil etwa das Ladegut zu sperrig oder sein Gewicht zu hoch ist. Bei dieser Art von Last muss anstatt der formschlüssigen Sicherung die kraftschlüssige Ladungssicherung ein Verrutschen verhindern. Kraftschlüssige Ladungssicherung wird gewährleistet durch die Anwendung des Niederzurrens. Dabei wird die Ladung mithilfe von Ladungssicherungsmitteln wie Zurrgurten, Zurrketten, Drahtseilen oder Abdecknetzen und mithilfe von Anschlagpunkten auf der Ladefläche kraftschlüssig fixiert. Das Zurrmittel wird über die Ladung geführt, an beiden Seiten der Ladung – wenn vorhanden – in Zurrpunkte auf der Ladefläche eingehängt und mit einem Spannelement (z. B. Ratsche) gespannt. Das Spannelement bringt also mithilfe der Zurrmittel eine Druckkraft auf die Ladung, die als Vorspannkraft (STF) bezeichnet wird. Dabei ist zu beachten, dass mit unterschiedlichen Spannelementen wie etwa Ratschen als Bauteil von Spanngurten unterschiedliche Vorspannkräfte bei der Ladungssicherung realisiert werden können, da sich die Kraftübertragung der Spannelemente voneinander unterscheidet. Die Höhe der beim Transport anzuwendenden Vorspannkraft richtet sich nach dem Gewicht der Ladung, nach dem zu erwartenden Beschleunigungsfaktor und dem Gleitreibbeiwert, der durch rutschhemmende Materialien wie Antirutschmatten erhöht werden kann.
Berechnung der benötigten Vorspannung bei der Ladungssicherung
Neben den sehr detaillierten aber zum Teil auch schwer verständlichen Formeln und Vorschriften zur Berechnung der STF-Werte für die kraftschlüssige Sicherung in der VDI 2700 finden sich zahlreiche Ladungssicherungsrechner und Berechnungstabellen etwa von Zurrmittelherstellern im Internet, die die ordnungsgemäße Ladungssicherung wesentlich erleichtern.
Ladungssicherung im Logistikalltag: Formschluss und Kraftschluss
Während bei der formschlüssigen Ladungssicherung das Transportgut durch kombinierte Ladungssicherung wie etwa bündigem und lückenlosem Verladen, Schrägzurren oder Diagonalzurren, Lashing und der Verwendung von Sperrstangen, Sperrbalken und Stausäcken vor dem Verrutschen gesichert wird, geschieht dies bei der kraftschlüssigen Ladungssicherung mithilfe der Technik des Niederzurrens. Bei dieser Form der betriebssicheren Ladungssicherung wird etwa die palettierte Fracht im Fahrzeug oder Ladungsträger mit Hilfsmitteln wie textilen Zurrgurten, Zurrdrahtseilen oder Spanngurten auf der Ladefläche fixiert.
Die Verwendung von Zurrmitteln bei der Ladungssicherung durch Kraftschluss
Bei der Ladungssicherung mittels Kraftschluss ist zu beachten, dass die verwendeten Gurte hinsichtlich ihrer Art und der zulässigen Kräfte für die individuellen Anforderungen der Ladung geeignet sind. Maßgeblich sind dabei folgende Kräfte:
- Normale Handkraft SHF (Standard Hand Force) in daN
- Vorspannkraft STF (Standard Tension Force) in daN
- zulässige Zurrkraft (LC-Wert = Lashing Capacity) mit Symbol zum Beispiel für geraden Zug
Auf den Etiketten der verwendeten Zurrmittel für die Ladungssicherung sind die zulässigen Kräfte mit Symbolen und Kraftangaben in daN (1 daN = 10 N = 1 kp = 1kg) gekennzeichnet. Gemäß der Europäischen Norm DIN-EN 12195 müssen Etiketten von Gurten für die Sicherung der Ladung zudem folgende Informationen ausweisen:
- Name und Symbol des Herstellers
- Prüfnummer und GS-Zeichen
- Normen nach dem der Zurrgurt
- Nutzlänge des Zurrmittels
- Werkstoff
- Dehnung bei zulässiger Zurrkraft in prozentualer Angabe
- Code-Nummer / Rückverfolgbarkeitscode
- VDI-Konformität
Berechnung der entstehenden Kräfte und der benötigten Anzahl der Zurrmittel
Grundsätzlich gilt als grobe Berechnungsgrundlage, dass bei einer Vollbremsung oder Talfahrt das 0,8-Fache des Gewichtes der Ladung in Richtung des Führerhauses drückt. Bei Kurvenfahrten und beim Anfahren drängt die Hälfte des Ladungsgewichtes in Richtung der Bordwände. Somit lässt sich für die kraftschlüssige Sicherung der Ladung folgende Rechnung hinsichtlich der benötigten Vorspannung als Beispiel anstellen: Bei einem Gewicht der Last von m = 10.000 kg drücken 8.000 kg (= 8.000 daN) in Richtung Führerhaus. Beim Anfahren und bei einer Kurvenfahrt sind es dem entsprechend 5.000 kg (= 5.000 daN). Somit ergibt sich für die kraftschlüssige Verbindung eine benötigte STF von 8.000 daN, welche mithilfe von 20 Zurrgurten mit jeweils 400 daN Vorspannkraft (STF/Standard Tension Force) gesichert werden müssen.
Detaillierte Berechnung der benötigten Vorspannkraft im Kraftschluss
Für eine detaillierte Berechnung der benötigten Vorspannkraft bei der Ladungssicherung müssen mehrere Faktoren miteinander verbunden werden. So muss etwa die Reibungskraft (Haftreibung) eingerechnet werden, die aufgrund der Auflage des Ladeguts auf dem Fahrzeugboden entsteht. Diese Reibung kann bei der Sicherung für den Transport erhöht werden durch Antirutschmittel wie Antirutschmatten oder -Pads sowie spezielle selbstklebende Beläge.
Vorsicht: Zurrmittel eignen sich nicht für die Verwendung und Verbindung mit Lastaufnahmemitteln (Haken, Zangen, Greifern) etwa bei Hebevorgängen.
Zurrpunkte für die Ladungssicherung mittels Kraftschluss
Zurrpunkte sind Bauteile in Fahrzeugen, die am Fahrzeugboden oder an den Seitenwänden angebracht werden. Lkws und Container sind zumeist serienmäßig mit Zurrpunkten ausgestattet. Diese Bauteile (Zurrmulden, Zurrkästen) können aber auch individuell nachträglich im Fahrzeug mit Schrauben oder Nieten montiert werden.