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Beispiele zu Verstoß gegen § 130 OwiG

Grobes Organisationsverschulden: Darlegungs- und Beweislast in der Praxis: Materialien

1. BGH 25.03.04 – I ZR 205/01 – transpR 04,3091.1. Beim Umschlag von Transportgut handelt es sich um einen besonders schadenanfälligen Bereich, der deshalb so organisiert werden muss, dass in der Regel Ein- und Ausgang der Güter kontrolliert werden muss, damit Fehlbestände frühezeitig festgehalten werden. Ohne ausreichende Ein- und Ausgangskontrolle (körperlich Abgleich der erfaßten Ware) kann ein verlässlicher Überblick über Lauf und Verbleib der in den einzelnen Umschlagsstationen ein- und abgehenden Güter nicht gewonnen werden. Die Folge: der Eintritt eines Schadens und die Eingrenzung des Schadenbereichs in zeitlicher, räumlicher und personeller Hinsicht kann nicht eingegrenzt werden. Das Erfordernis der Schnittstellenkontrollen wird noch verstärkt, wenn rechtlich selbständige Drittunternehmen in die Erbringung der Transportleistung mit eingebunden sind. 1.2. Die in § 435 HGB geforderte Leichtfertigkeit kann sich aus der mangelhaften Organisation des Betriebsablaufs ergeben.1.3. Bei einer Betriebsorganisation, die Ein- und Ausgangskontrollen beim Umschlag von Transportgütern nicht durchgängig vorsieht, ist im Regelfall der Vorwurf leichtfertigen Verhaltens gerechtfertigt.1.4. Eine Zertifizierung nach der ISO-Norm 9002 steht der Annahme eines leichtfertigen Verschuldens nicht entgegen.Diese DIN-Vorschrift stellt keine spezifischen Anforderungen an die Sorgfalt des Spediteurs an den Warenumschlag, sondern regelt lediglich allgemeine Merkmale eines effektiven Qualitätsmanagementsystems.1.5. Auch bei einer Schadenquote von 0,1 bis 0,2 %o und bei einer behaupteten Aufklärungsquote von 99 % ist das Bewusstsein des Schadeneintritts zu bejahen (subjektives Tatbestandsmerkmal von § 435 HGB)Auf die Überlegung, die erforderliche Wahrscheinlichkeit ist erst dann anzunehmen, wenn die Möglichkeit des Schadeneintritts mehr als 50 % beträgt, kommt es nicht an, weil schon die Kenntnisdes grob mangelhaften Betriebsablaufs das Bewusstsein eines Schadeneintritts mit einschließt.2. BGH 05.06.03 – I ZR 234/00 – transpR 03,467 ff2.1. Der Spediteur haftet als Fixkostenspediteur (§ 459 HGB) gemäß §§ 425 ff HGB i.V.m. § 449 Abs. 2 HGB (AGB/ Paketdienst).2.2. Darlegungs- u. Beweislast des Anspruchstellers Grundsätzlich trägt der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der vorgetragene Organisationsablauf den Vorwurf qualifizierten Verschuldens i.S. v. § 435 HGB rechtfertigt. 2.2.1. Der Anspruchsteller erfüllt die Darlegungslast bereits dann, wenn seinVortrag nach den Umständen des Falles ein grob fahrlässiges Verhalten des Spediteurs mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahe legt (hier: der Schadenhergang liegt völlig im Dunkeln) und allein der Spediteur zur Aufklärung des in seinem Bereich entstandenen Schadens zumutbarerweise beitragen kann.2.2.2. Gleiches gilt, wenn sich die Anhaltspunkte für das Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben.2.3. Einlassungsobliegenheit des SpediteursErfüllt der Anspruchsteller seine Darlegungslast, dann hat der Spediteur seiner Einlassungsobliegenheit nachzukommen. 2.3.1. Der Spediteur darf sich nicht darauf beschränken, den Sachvortrag des Anspruchstellers (nur) schlicht zu bestreiten.2.3.2. Der Spediteur ist vielmehr gehalten, das Informationsdefizit des Anspruchstellers durch detaillierten Sachvortrag zum Ablauf des Betriebs und zu den ergriffenen Sicherungsmaßnahmen auszugleichen.2.3.3. Der Spediteur muss in „zumutbarer Weise beitragen“ können, er muss „nähere Angaben machen können“.Er kann „nähere Informationen in zumutbarem Umfang unschwer erteilen“. Im vorliegenden Fall hat der Spediteur jegliche Darlegung zu seiner Betriebsorganisation und insbesondere zu den von ihm zum Schutz der anvertrauten Güter ergriffenen Maßnahmen unterlassen. Dies kann dahingehend gewertet werden, dass der Spediteur hierzu keinen Vortrag halten konnte oder wollte. 2.3.4. An die Einlassungsobliegenheit des Spediteurs sind keine geringeren Anforderungen zu stellen, wenn es sich bei ihm um einen Paketdienst mit Massenumschlag, Massenlagerung und Massenbeförderung handelt mit der für die Auftraggeber kostengünstigeren Abholung und Zustellung innerhalb garantierter Zeitfenster. 2.4. Einlassungsobliegenheit erfüllt Erfüllt der Spediteur seine Einlassungsobliegenheit, bleibt der Anspruchsteller beweisbelastet dafür, dass der vorgetragene Organisationsablauf den Vorwurf qualifizierten Verschuldens i.S.v. § 435 HGB rechtfertigt.2.5. Einlassungsobliegenheit nicht erfülltKommt der Spediteur seiner Einlassungsobliegenheit nicht nach, kann daraus je nach den Umständen des Einzelfalls der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein.2.6.Der vom Anspruchsteller vorgetragene Sachverhalt bietet hinreichende Rückschlüsse auf ungenügende Sicherheitsstandards, die den Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden i.S.v. § 435 HGB zu rechtfertigen.3. BGH 08.05.02 – I ZR 34/ 00 – (vermutlich nicht veröffentlicht)3.1. Das am 01.07.98 in Kraft getretene Transportrechtsreformgesetz bleibt auf die Ersatzpflicht für Gütertransportschäden, die vor dem 01.07.1998 eingetreten sind, ohne Einfluss.3.2. § 51 b S. a ADSp a.F. enthält eine Beweislastregelung zumNachteil des Anspruchstellers. Dieser trägt die Beweislast für die Tatsachen, die zum Ausschluss der in den ADSp vorgesehenen Haftungsbeschränkungen führen. Diese Darlegungs- und Beweislast wird dadurch gemildert, dass der Spediteur angesichts des unterschiedlichen Informationsstandes der Vertragsparteien nach Treu und Glauben gehalten ist, soweit möglich und zumutbar, zu den näheren Umständen aus seinem Betriebsbereich eingehend vorzutragen. Dementsprechend müssen die konkret eingerichteten Kontrollen so detailliert dargelegt werden, dass für den Anspruchsteller und das Gericht erkennbar wird, wie die einzelnen Maßnahmen in der Praxis geordnet, überschaubar und zuverlässig ineinander greifen, und welche Maßnahmen getroffen werden, um sicherzustellen, dass die theoretisch vorgesehenen Organisationsmaßnahmen auch praktisch durchgeführt werden (m.w.N.). Diese Grundsätze können auch bei Schadenersatz wegen Beschädigung herangezogen werden.Klägervortrag: anders als während der Beförderung von Salzgitter nach Frankfurt war die Maschine im Umschlagslager auf der zum Weitertransport benutzten Wechselbrücke nicht zusätzlich noch durch Verzurren gegen ein Umkippen gesichert worden. 3.3.Der Spediteur hat vorzutragen:1.1. durch welche konkreten Maßnahmen er sicher gestellt hat, dass ein Lkw das Betriebsgelände nicht mit nicht ausreichend gesicherter Ladung verlässt;1.2. welcher Mitarbeiter die Verladung vorgenommen hat;1.3. wer zum Zeitpunkt der Verladung verantwortlicher Lagermeister war;1.4. welche konkreten Anweisungen er dem Lagermeister in Bezug auf die Vornahme von Sicherheitskontrollen erteilt hat;1.5. auf welche Weise der Lagermeister die erforderlichen Kontrollen vornimmt;1.6. wann (in welchen zeitlichen Abständen) und in welcher konkreten Weise(Inhalt und Umfang) die Lagerarbeiter darüber unterrichtet worden sind, wie eine ausreichende Ladungssicherung vorzunehmen ist; 3.4. Dieser Vortrag ist nicht deshalb unzumutbar, weil der Anspruchsteller erst nach mehr als zehn Monaten Ersatzansprüche wegen des hier in Rede stehenden Schadenereignisses gegenüber dem Spediteur geltend gemacht hat. Dem Spediteur war der Schadenseintritt unmittelbar nach dem Verladen bekannt. Er hätte daher sofort die für die Aufklärung des Schadenereignisses erforderlichen Maßnahmen einleiten können und müssen, weil der Spediteur nach der Lebenserfahrung damit rechnen musste, dass ein Schadensersatzanspruch gegen den Spediteur geltend gemacht werden würde. 4. BGH 09.10.03 – I ZR 275/00 – transpR 04,175 ff4.1. Die Rechtsprechungsgrundsätze des BGH zum grob fahrlässigen Organisationsverschulden des Spediteurs sind nicht ohne weiteres auf währenddes Transports eingetretene Sachschäden übertragbar.4.2. Die gebotenen Kontrollmaßnahmen beim Warenumschlag zielen nicht darauf ab, den Spediteur zu einem sorgfältigeren Umgang mit den ihm anvertrauten Gütern anzuhalten.4.3. Eine Schnittstellenkontrolle kann nur äußerliche Beschädigungen der Sendungen erfassen und trägt zur Vermeidung von Sachschäden nicht wesentliches bei, wenn das Packstück äußerlich unbeschädigt geblieben ist.4.4. Bei einer Beschädigung von Transportgut hätte die Kausalität des vom Berufungsgericht festgestellten Organisationsverschuldens gesondert festgestellt werden müssen. 5. BGH 29.01.04 – I ZR 162/01 – transpR 04, 213 ff(Transportmittelunfall in Rumänien)5,1. Gegen eine grob fehlerhafte Organisation der Transportdurchführung (der Fahrer soll übermüdet gewesen oder unter einem enormen Zeitdruck gestanden haben) sprechen folgende Umstände:Aussage des Fahrers vor der Polizei decken sich mit der vor Ort gefertigten Unfallskizze;Der vorgenommene Alkoholtest gab keine Veranlassung, eine Übermüdung in Betracht zu ziehen; An Hand der sichergestellten Tachographenscheibe hätte es nahegelegen, einen entsprechenden Vermerk zu fertigen oder ein Verfahren gegen den Fahrer einzuleiten. Ein etwaiger Fahrfehler kann auch von einem Augenblicksversagen herrühren. Von einem Zeitdruck kann nicht ausgegangen werden, wenn ausreichend Zeit für die Durchführung des Transportes zur Verfügung gestanden hat.5.2. Kann nach dem Vortrag der Parteiennicht erwartet werden, dass der Kläger den Beweis der groben Fahrlässigkeit noch anderweitig oder der Beklagte den Beweis der Unabwendbarkeit des Schadens i.S.v. Art. 17 Abs. 2 CMR führen kann, ist eine Haftung im Umfang von Art. 23 CMR gerechtfertigt. 6. Checkliste für Grobes OrganisationsverschuldenEine Checkliste für die Aspekte, die für eine ordnungsgemäße Organisation erforderlich sind, finden Sie neben anderen nützlichen Hinweisen unter http://www.transportgesetze.de .

Ferner sei auf die Ausarbeitung von
HORST-MICHAEL MÜLLER-EHL

RECHTSANWALT KANZLEI:
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Mitgeteilt durch die DBV-Winterthur (H. Flach)

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